Orgel von Johann Philipp Seuffert (Würzburg), 1741.
Nach mehrfachen Umbauten Renovierungen durch die Fa. Franz Breil (Dorsten), 1958, und die Fa. Siegfried Sauer (Höxter-Ottbergen), 1986.
I. HAUPTWERK (C–g³)
Gedackt 8'
Prinzipal 4'
Gemshorn 4'
Quinte 2 2/3'
Waldflöte 2'
Mixtur 4-6f. 1 1/3'
Fagott 16'
Trompete 8'
Koppel II-I
II. UNTERWERK (C–g³)
Liebl. Gedackt 8'
Blockflöte 4'
Oktave 2'
Quinte 1 1/3'
Zimbel 3f.
Krummhorn 8'
Tremulant
PEDAL (C–f¹)
Subbaß 16'
Prinzipal 8'
Quintade 4'
Piffaro 2f.
Posaune 16'
Koppel II-P
Koppel I-P
Mechanische Schleiflade.
Auf der Westempore der um 1300 erbauten frühgotischen Saalkirche, die 1908 durch einen stilgleichen Neubau mit Chor nach Norden hin erweitert wurde, steht die einzige in Westfalen erhaltene
Orgel mainfränkischer Provenienz. Die Kirchveisсheder Pfarrchronik berichtet, daß sie 1741 für 235 Reichstaler angeschafft worden sei und der Transport von Frankfurt nach Kirchveischede 18
Reichstaler gekostet habe. Der Orgelbauer wird nicht genannt. Die Prospektgestaltung, die in Nordwestdeutschland singulär ist, in Unterfranken aber öfter begegnet, weist auf die Werkstatt des
Würzburger Hoforgelmachers Johann Philipp Seuffert (1693-1780) hin. Seuffert hat in den Jahren 1745 bis 1747 seine größte Orgel (zweimanualig, 35 Register mit Chororgel, nicht erhalten) in der
zwischen 1738 und 1747 errichteten Benediktinerabtei Grafschaft (heute im Stadtgebiet von Schmallenberg/Hochsauerlandkreis liegend) erbaut. Sie war die einzige große süddeutsche Orgel auf
norddeutschem Boden.
Rudolf Reuter, der die Kirchveisсheder Pfarrchronik offenbar nicht eingesehen hat, vermutete als Erbauer Seufferts Sohn Franz Ignaz, der 1757 im benachbarten Eslohe einen Kontrakt über einen
Orgelbau mit nahezu gleicher Disposition abgeschlossen hat, und setzte daher den Bau der Orgel etwa zwanzig Jahre später an, als es die Pfarrchronik ausweist.
Nahezu alle zweihundert Orgeln, die Johann Philipp Seuffert zwischen 1722 und 1767 erbaut hat, sind einmanualig; nur sechs zweimanualige Instrumente sind bekannt. Die Orgeln von Eslohe (nicht
erhalten) und Kirchveischede entsprechen den Dispositionsprinzipien, die Seuffert seinen Orgeln in der Größe von 10 bis 12 Registern immer wieder zugrunde gelegt hat. (Vgl. jetzt RUDOLF WALTER:
Der Orgelbaustil von Joh. Philipp Seuffert [1633-1780]. In: Acta Organologica 20 [1988] S. 113-148.) – Seufferts Disposition wurde seit 1800 mehrfach verändert, zuletzt 1873/74 im Zuge eines
Orgelumbaus von Daniel Roetzel. Roetzels Spiel- und Registertraktur ging bei der Restaurierung 1957/58 (Franz Breil, Dorsten) verloren. Eine ins einzelne gehende Bestandsaufnahme, welche die
verschiedenen Bauschichten der Orgel freilegt, ist vorher offenbar nicht erfolgt. Die Orgel erhielt ein zweites Manual und ein selbständiges Pedal. Erhalten geblieben ist der
Zweifalten-Magazinbalg, die Seuffertsche Windlade und ein Teil des Pfeifenwerks aus dem 17., 18. und 19. Jahrhundert mit den historisch wertvollen Registern Gedackt 8' und Quinte 2 2/3' aus dem
17. Jahrhundert, was darauf hindeutet, daß Seuffert Pfeifen aus einem früheren (eventuell Vorgänger-) Instrument übernommen hat. Die Mensuren des historischen Pfeifenwerks wurden 1957/58 durchweg
verkleinert, wie es dem neobarocken Stil- und Klangideal der fünfziger Jahre entsprach. Die 1985 durchgeführten Maßnahmen wie Reinigung, Einbau einer neuen Spieltraktur (Aluminiumabstrakten) und
eines neuen Spieltisches (der sich weder den Seuffertschen noch den späteren Breilschen Gehäuseteilen organisch einfügt) sowie Nachintonation (durch Siegfried Sauer, Höxter-Ottbergen) bedeuten in
der Baugeschichte des Instruments einen weiteren Einschnitt.
Quelle: Dr. Matthias Pape: Historische Orgeln im Kreis Olpe, Booklet zur CD „J. S. Bach und seine Zeit“ mit Helga Schauerte, 1991
D-57368 Lennestadt/Kirchveischede, Zum Kellenberg 4
Letzte Änderung: 01.09.2020